DIE TOP 8 DOS AND DON´TS FÜR BEWERBERMANAGEMENT UND EINE GUTE CANDIDATE EXPERIENCE
„…denn im Endeffekt bewirbt sich ein Kandidaten nicht nur für einen Job, sondern für einen Arbeitgeber“
Es fängt mit der ersten Kontaktaufnahme an und endet mit der Einstellung oder der Absage: Der Bewerbungsprozess ist Dreh- und Angelpunkt eines Unternehmens für Wachstum, Expertisen Gewinnung und Employer Branding. Ein gut strukturierter und funktionierender Bewerbungsprozess ist daher entscheidend für langfristigen, unternehmerischen Erfolg. Und dennoch: Oftmals lässt er zu wünschen übrig.
Als ganzheitliche Dienstleister in HR und Recruiting haben wir schon einiges gesehen. Manchmal ist der Bewerbungsprozess im besten Sinne mit einer alten Fax Maschine zu vergleichen, die im ein oder anderen Office in der Ecke steht und Staub fängt: Veraltet, überholt und nicht mehr der Zeit angemessen.
In Zeiten von Fachkräftemangel und Arbeitnehmermarkt ist ein Bewerbungsprozess gefragt, der attraktiv, strukturiert und schnell ist. Wie das gelingt? Das weiß meine Kollegin Julia – Expertin für Active Sourcing, Candidate Experience und Employer Branding. Hier sind ihre top 6 Dos and Don´ts:
#1 STETIGE UND RESPEKTVOLLE KOMMUNIKATION
Das A und O für jegliche Art menschlicher Interaktion: Eine direkte und respektvolle Kommunikation. Was bedeutet das im Bewerbungsprozess?
Respektvoll bedeutet mitunter, im einem stetigen Austausch mit dem Bewerber zu bleiben und sicherzugehen, dass er durchgehend informiert ist; wo er aktuell im Bewerbungsprozess steht, was nächste Schritte sind und wann er mit einer Antwort rechnen kann.
„Lieber zu viele Informationen als zu wenige“, meinte meine Kollegin Julia hierzu. Für uns mag eine eingegangene Bewerbung nichts Aufregendes sein. Der Bewerber hingegen wartet gespannt auf jede Form von Rückmeldung. Respektvoll bedeutet an dieser Stelle, sich empathisch in die Rolle des Bewerbers zu versetzen.
Ziel ist es, dem Kandidaten durchgehend ein Gefühl von Überblick, Vorbereitung und Interesse an ihm als Person zu vermitteln. Interessante Informationen für den Kandidaten können sein: Was geschieht als nächstes mit den Bewerbungsunterlagen, wer trifft weiterführende Entscheidungen, mit wem wird das nächste Gespräch stattfinden, wie viele Steps beinhaltet der Bewerbungsprozess, wann kann mit einer Rückmeldung gerechnet werden, etc.
Besonders wichtig ist es dabei, keine falschen Versprechen zu machen. Wird einem Kandidaten kommuniziert, dass er in den nächsten 2 Wochen mit einer Rückmeldung rechnen kann, dann muss dieses Versprechen eingehalten werden.
„Das zieht ansonsten einen Rattenschwanz mit sich“, meinte Julia, „denn im Endeffekt bewirbt sich ein Kandidaten nicht nur für einen Job, sondern für einen Arbeitgeber. Hat er eine negative Candidate Experience und das Gefühl, dass dem Arbeitgeber nicht vertraut werden kann, hat das eine schlechte Auswirkung auf die Employer Brand des Unternehmens.“
#2 DIE LÄNGE DES BEWERBUNGSPROZESSES
„Umso schneller und unkomplizierter, desto besser. Es ist klar, dass sich Bewerbungsprozess länger ziehen können. Vor allem bei Konzernen ist das keine Seltenheit. Gerade dann ist es besonders wichtig, mit dem Kandidaten regelmäßig in Kontakt zu bleiben und ihn über den aktuellen Stand zu informieren.“
An mancher Stelle können sich Bewerbungsprozesse in die Länge ziehen. Gründe dafür können Engpässe im Recruiting oder lange Entscheidungswege sein. Oftmals müssen Kandidaten nicht nur vom HR abgesegnet werden, sondern zusätzlich von Fachbereich und Geschäftsleitung. Das kann Entscheidungsprozesse in die Länge ziehen.
Gerade dann gilt es allerdings, den Kandidaten durchgehen über den aktuellen Stand seiner Bewerbung zu informieren. Nicht nur, wenn er einen Schritt weiter ist. Sondern auch, wenn seine Unterlagen nach wie vor bei der Sichtung liegen und sich der Prozess verzögert.
#3 SCHNELLE ENTSCHEIDUNGEN
Generell gilt allerdings: Umso schlanker und schneller der Bewerbungsprozess, desto attraktiver und besser. Dazu gehört eine schnelle Entscheidungsfindung, ob ein Kandidat passt oder nicht. Hier ist etwas Feingefühl gefragt. Einerseits sollten keine voreiligen Entscheidungen getroffen werden. Andererseits „führt das ständige Warten, ob nicht vielleicht doch noch etwas Besseres kommen kann zu nichts.“
Ein Phänomen, dass unsere Recruiting Expertin Julia bereits einige Male beobachten konnte. Als Recruiterin hat sie den Anspruch, nur die besten Kandidaten weiterzuleiten. Dabei kann es vorkommen, dass bereits der erste, weitergeleitete Kandidat perfekt zu Stellenanforderung und Unternehmen passt: „Manchmal hast du einfach den Kandidaten. Und manchmal ist es einfach der erste.“
Oftmals ist es allerdings nötig, weitere Kandidaten nachzureichen, bis der Entscheidungsträger feststellt, dass der erste Kandidat perfekt in das Anforderungsprofil passt. Bis zu diesem Zeitpunkt befindet sich der passende Kandidat in der Warteschleife und springt ggf. ab oder nimmt ein anderes Angebot wahr.
Überzeugt ein Kandidat sowohl von seinem persönlichen fit als auch von seine fachlichen Qualifikationen, empfiehlt es sich schnell zu reagieren. Denn es ist davon auszugehen, dass der Kandidaten nicht nur eine Bewerbung geschickt hat. Der Bewerber wird sich für das Unternehmen entscheiden, das schneller zusagt und ihm ein Gefühl von Respekt und Interesse vermittelt.
#4 MEHRERE KANDIDATEN GLEICHZEITIG IM BEWERBUNGSPROZESS
Betreue immer mehrere Kandidaten gleichzeitig im Bewerbungsprozess. Das mag zunächst konträr zum vorherigen Punkt erscheinen: Dauert der Bewerbungsprozess nicht länger, wenn man gleichzeitig mehrere Kandidaten in der Pipeline hat? Ja und nein, wie mich Julia aufklärte. Umso mehr Kandidaten gleichzeitig, desto knapper die Ressourcen im Recruiting. Das kann den Bewerbungsprozess verlängern.
Wie allerdings im vorhergegangenen Beispiel erklärt, wird der erste Kandidat in den seltensten Fällen direkt genommen. Meist werden zunächst mehrere Kandidaten gesichtet, bis letztlich der am besten passende Kandidat eingestellt wird. Bis zu diesem Zeitpunkt befinden sich andere Bewerber auf hold und in der Warteschleife.
Gleichzeitig mit mehreren Kandidaten im Bewerbungsprozess zu sein verkürzt daher die Wartezeit der Bewerber auf finale Rückmeldung oder Start des Bewerbungsprozesses. Dabei gilt es allerdings, die Ressourcen im Recruiting nicht zu überlasten durch zu viele Bewerber im Prozess.
#5 LASSE KEINEN GUTEN KANDIDATEN AUF DER STRECKE LIEGEN
„Der größte Fehler, den man dabei machen kann, ist es, einen passenden Kandidaten links liegen zu lassen, sobald ein vermeintlich besserer vorliegt,“ warnt Julia darüber hinaus. Denn dieses Urteils kann sich als vorschnell herausstellen.
Keine Seltenheit: Oftmals wird erst nach Beendigung des Bewerbungsprozesses des zweiten Kandidaten klar, dass der erste Kandidat besser zu Unternehmen und Stellenprofil passt. Lässt man diesen allerdings zu lange warten, springt er ggf. ab und nimmt ein anderes Angebot wahr.
Sollte Unklarheit darüber bestehen, welcher Kandidat besser passt, unbedingt weiter mit beiden Kandidaten in direktem Kontakt bleiben.
#6 AUFSETZEN VON PROZESSEN UND KPIs
Für Übersichtlichkeit, Effizienz und Geschwindigkeit im Bewerbermanagement sind KPIs unumgänglich. KPI steht für Key-Performance-Indicator: Eine Leistungskennzahl, „[…] anhand derer der Fortschritt oder der Erfüllungsgrad hinsichtlich wichtiger Zielsetzungen oder kritischer Erfolgsfaktoren innerhalb einer Organisation gemessen und/oder ermittelt werden kann.“
KPIs im Recruiting können sein: Vorher definierte maximale Länge des Bewerbungsprozesses, Rückmeldegeschwindigkeit, Reaktionszeiten etc. Es sollte vorher festgelegt werden, wie lange ein Bewerbungsprozess maximal dauern darf und wie lange ein Bewerber maximal auf eine Rückmeldung warten muss.
Das ist in den meisten Unternehmen und HR-Abteilungen zwar der Fall. Allerdings werden diese KPIs oftmals nicht gemessen und kontrolliert und daher nicht eingehalten. Regelmäßige Kontrollen sind nötig, um die Qualität des Bewerbungsprozesses aufrecht zu erhalten.
Mitunter sollte bei der Einhaltung von KPIs äußere Umstände beachtet werden. Zum Beispiel: Wer übernimmt Vertretung und Kommunikation mit dem Kandidaten, wenn ein Recruiter im Urlaub oder krank ist? Durch solche Vorüberlegungen können Lücken im Bewerbungsprozess vorgebeugt werden, was sich positiv auf die Candidate Experience auswirkt.
#7 BEWERB DICH BEIM KANDIDATEN
„Im Endeffekt bewirbst sich der Kandidat nicht nur bei dir. Du bewirbst dich beim Kandidaten.“
Bereits in vorhergegangen Beiträgen habe ich über die Bedeutung von Fachkräftemangel und Arbeitgebermarkt für Employer Branding und die Candidate Experience gesprochen. Je nach Fachbereich verfügen Kandidaten über eine breite Auswahl an möglichen Arbeitgebern. Daher bewirbt sich ein Kandidat nicht nur bei einem Unternehmen. Das Unternehmen bewirbt sich ebenso bei ihm. Das ist der zugrunde liegende Gedanke von Employer Branding.
Wie bewirbst man sich im Bewerbungsprozess beim Kandidaten? Zum einen durch die bereits erwähnten Hygiene Faktoren: Schnelle Rückmeldezeiten, ein lückenloser und respektvoller Austausch, bereitstellen aller wichtigen Informationen und kurze Wartezeiten.
Darüber hinaus ist es das WIE der Kommunikation. „Manchmal spürst du einfach, dass es das richtige ist, dem Kandidaten nicht nur eine Mail zu schreiben, sondern ihn direkt anzurufen. Oftmals reagieren die Menschen sehr dankbar auf diese persönliche Geste und den kleinen Mehraufwand.“
Auch wenn automatisierte Rückmeldungen ihre Berechtigung haben. Eine persönliche Nachricht oder gar ein direkter Anruf vermitteln ein Gefühl von Interesse und persönlicher Nähe. Gleiches betrifft das aktive Nachfragen nach Wohlbefinden und Feedback eines Bewerbers: „Fühlst du dich gut vorbereitet? Fehlt es dir an Informationen? Wie kommst du mit dem Bewerbungstool zurecht?“
Auch nach Abschluss des Bewerbungsprozesses und möglicher Absage ist es hilfreich, sich ein Feedback einzuholen. Was kann besser gemacht werden, um die Candidate Experience weiter zu verbessern?
#8 GEHE IMMER POSITIV AUSEINANDER
„Ziel ist es, auch bei einer Absage im Guten auseinander zu gehen“, schließt Julia unser Gespräch ab. Zum einen, da es sich um Menschen handelt. Menschen, denen mit Respekt gegenüber zutreten ist. Zum anderen, um die Employer Brand des Unternehmens zu stärken.
Über Bewertungsplattformen können wir innerhalb von Sekunden Informationen über mögliche Arbeitgeber bekommen. Negative Erfahrungsberichte von vorhergegangenen Bewerbern können Kandidaten abschrecken. Positive Erfahrungsberichte von Bewerben zeugen wiederum von einem guten Arbeitgeber und ermutigen Kandidaten, sich pro-aktiv für eine Stelle und Unternehmen zu bewerben.
Kontakt zum Autor:
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sven.fraede@jobambition.de
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