DIVERSITY – INKLUSION STATT INTEGRATION UND DIE ROLLE VON HR UND RECRUITING
WIR ALLE SIND VORURTEILSBELASTET
Keiner will heutzutage noch als vorurteilsbelastet gelten. Doch in Wahrheit, sind wir alle vorurteilsbelastet. Unser Verstand arbeitet mit Konzepten und Generalisierungen. Denn ohne diese Simplifizierung würden wir uns in unserer komplexen Welt gar nicht mehr zurechtfinden.
Daher ist es wichtig, sich diesen automatischen Urteilsfindungen bewusst zu sein. Denn dieses Bewusstsein (Awareness) ist die Grundlage für funktionierende Diversität.
Darüber habe ich mit meinem Kollegen Michele gesprochen. Michele ist Experte für das Thema Diversität und hat bereits sogenannte „Unconscious Bias Workshops“ in Unternehmen durchgeführt, um unbewussten Glaubensmuster aufzudecken.
WIE ENTSTEHEN VORURTEILE
Wie kommen diese unbewussten Glaubensmuster zustande? Gehen wir von einem fiktiven Beispiel aus: Udolph, der 43-jähriger Tech-Recruiter. Udolph ist ein netter und weltoffener Mensch. Doch hat er kürzlich eine schlechte Erfahrung gemacht: Vor 3 Monaten hat er einen neuen IT-Mitarbeiter eingestellt. Ein sympathischer Herr mit indischem Hintergrund, der super in das Anforderungsprofil der Stelle passte!
Doch welch Enttäuschung! Der neu gewonnen Mitarbeiter ist schnell durch seine Unpünktlichkeit aufgefallen und hat schließlich nach nur 6 Wochen seine Kündigung eingereicht. Der arme Rudolph sitzt erneut vor seiner offenen Stellenausschreibung und hat nun zu allem Überfluss auch noch die HR-Leitung im Nacken sitzen. Für Udolph ist eines klar: Keine Inder mehr.
Durch solche Negativerfahrungen können – fälschlicher Weise – unbewusste Verknüpfungen hergestellt werden zwischen Persönlichkeitseigenschaften und ethnischen/sozialen Hintergründen: Die persönliche Unpünktlichkeit des jungen Herren wird mit seinem kulturellen Hintergrund in Verbindung gebracht. Das Resultat wird also mit einer falschen Ursache verknüpft.
Damit Diversität funktioniert muss zunächst eine generelle „Awareness“ für dieses automatische Assoziationsprinzip geschaffen werden. Angefangen von Geschäftsführung und Führungspersonen bis hin zu den Mitarbeitern. „Unconscious Bias Workshops“ können dabei helfen, unbewusste Glaubensmuster aufzudecken.
INKLUSION STATT INTEGRATION
Mit dieser geschaffenen Grundlage kommen wir zu dem vielleicht wichtigsten Step für funktionierende Diversität: Der Inklusion.
Das Zusammenwürfeln von Menschen unterschiedlichster Identitäten ergibt noch keine funktionierende Diversität und erst recht kein funktionales Team. Warum ist das so?
Als Menschen suchen wir den Kontakt zu Menschen, die uns ähnlich sind. Diese können wir schneller und leichter einschätzen. Unbekanntes hingegen meiden wir. Treffen Menschen verschiedener Identitäten zusammen führt das schnell zur Gruppenbildung. Personen ähnlicher Hintergründe und Identitäten finden sich zusammen und grenzen sich von anderen Gruppierungen ab.
Klingt nicht gerade funktional, oder? Daher ist die Inklusion aller Mitglieder essenziell. Inklusion bedeutet ein gegenseitiges Kennenlernen, Annähern, Verstehen und Akzeptieren von persönlichen Hintergründen, Identitäten und Differenzen und das Finden eines gemeinsamen Nenners.
DER UNTERSCHIED ZWISCHEN INKLUSION UND INTEGRATION
Der Begriff Inklusion wird oftmals mit Integration gleichgesetzt. Dabei sind diese beiden Konzepte grundverschieden.
#1 INKLUSION
Der Unterschied zwischen Inklusion und Integration liegt im Umgang mit Differenzen. Inklusion setzt nicht das Beseitigen von Differenzen voraus. Stattdessen werden Differenzen gegenseitig erklärt und toleriert. Dieses gemeinsame Verständnis bildet den großen, gemeinsamen Nenner und erzeugt den erwünschten Teamzusammenhalt.
#2 INTEGRATION
Integration dahingegen bedeutet die Angleichung eines Außenseiters an die bestehende Norm und somit das Beseitigen von Differenzen.
Das widerspricht nicht nur dem Grundsatz von Diversität und Gleichberichtigung. Auch gehen dadurch all die Vorteile von Diversität verloren, die im vorherigen Beitrag angesprochen wurden. Team und Unternehmen verlieren an Vielfältigkeit, Flexibilität und Möglichkeiten zu Perspektivwechseln.
MASSNAHMEN ZUR INKLUSION
Die erfreuliche Botschaft: Maßnahmen zur Inklusion sind spannend und spaßig! Hier sind einige Ideen und Beispiele:
#1 LIEBE GEHT DURCH DEN MAGEN
Auch wenn wir als Schwoben alle unsere Maultäschle und Spätze mit Soß´ lieben. Hand aufs Herz, wie öde wäre unser kulinarisches Erlebnis ohne internationale Vielfältigkeit?
Nicht umsonst sagt man, Liebe geht durch den Magen. Kulinarische Reisen in andere Kulturen und Küchen sind jedes Mal spannend. Warum also nicht mal einen gemeinsamen Kochabend verbringen?
Jede im Team vertretene Nation hat einen Tag im Monat die Chance, die eigene Hausmannsküche den Kollegen näher zu bringen. Serviert und gegessen wird dann mit passender Musik. Wer da nicht mehr Lust auf andere Kulturen bekommt…?
Koch-Muffel im Team? Kein Problem. Keiner sollte zu irgendetwas gezwungen werden. Vor allem in größeren Städten finden sich Restaurants und Lieferdienste aus nahezu jedem Breitengrad dieser Welt.
Diese Variante kann auch in Zeiten von Home-Office Anwendung finden. Ein gemeinsamer Skype Call mit den Mitarbeitern und ein vom Unternehmen bereitgestelltes Budget, um bei einem Restaurant der jeweiligen Küche zu bestellen.
#2 NETFLIX & GAMES
Was macht besonders Spaß nach guten Essen? Reden, relaxen, networken und ein abschließender Film. Entweder ein Dokumentarfilm über die jeweilige Kultur oder ein im jeweiligen Land produzierter Film mit Untertiteln.
Unterschiedliche Nationen kennen zudem unterschiedliche Formen der Unterhaltung. In vielen Ländern gibt es traditionelle Spiele. So habe ich zum Beispiel in meiner Zeit auf den Kap Verden das Strategie-Spiel Ouril kennen gelernt, das traditioneller Weise mit Molukkenbohnen gespielt wird.
Auch wenn ich in meiner 4-monatigen Aufenthaltszeit regelmäßig von den einheimischen Kindern abgezogen wurde – ein riesen Spaß, den ich stark mit meiner Zeit dort in Verbindung bringe!
#3 WIE AUS EINER ANDEREN WELT
Warum nicht komplett in eine jeweilige Kultur eintauchen mit allem was dazu gehört? Statt verschiedener Einzelmaßnahmen einen Tag oder eine Woche einer Kultur widmen. Mit Essen, Musik und ggf. traditioneller Bekleidung. Einmal richtig heimisch fühlen im Ausland. Oder – gegenteilig – einmal wie im Ausland fühlen in den eigenen bekannten Wänden.
#4 KOMMUNIKATION UND KONTINUITÄT
Dennoch gilt als Grundlage für eine jede erfolgreiche Inklusion: Die Kommunikation. Nur miteinander sprechen ermöglicht Verständnis und gegenseitiges Annähern. Alle kommunikationsfördernden Maßnahmen, die zu einem offenen Austausch animieren, sind hilfreich.
Zudem ist es mit einzelnen Maßnahmen und Workshops nicht getan. Gelebte Diversität ist ein fortlaufender Prozess von Annäherung, Abstimmung und Anpassung. Es empfiehlt sich, quartalsweise Bewertungen und Mitarbeiterbefragungen durchzuführen, um einen Überblick über Umsetzung, Kultur und Wirkungen der Maßnahmen zu bekommen.
DIVERSITY UND RECRUITING
Recruiting und HR spielen eine entscheidende Rolle bei der Implementierung und Umsetzung von Diversität im Unternehmen. Denn Recruiting und HR sind die erste Kontaktstelle zu Bewerbern und Mitarbeitern. Daher ist an dieser Stelle ein Coaching der Mitarbeiter besonders wichtig.
Zum einen die Aufklärung über automatisch erzeugte Glaubenssätze und Vorurteile (unconsius biases). Kulturelle Vorurteile können dazu führen, dass Kandidaten fälschlicherweise abgesagt wird, die in das Anforderungsprofil einer Stelle passen.
Zum anderen müssen Recruiter zwischen persönlichen und kulturellen Eigenschaften unterscheiden können. Im Endeffekt ist nicht der kulturelle Hintergrund entscheidend für den cultural fit im Unternehmen, sondern die Persönlichkeit eines jeweiligen Menschen.
Letztlich müssen Recruiter darin geschult werden, wann und wie Kandidaten abgesagt werden müssen und dürfen. Es darf nicht auf Grund von kulturellen Hintergründen, Herkunft, religiösen Zugehörigkeiten oder anderen Identitätsmerkmalen abgesagt werden. Wird einem Kandidaten abgesagt, muss das auf Grund von Skillset oder nachvollziehbaren und personenbezogenen Eigenschaften geschehen.
FAZIT
Das Thema Diversity ist so komplex wie wir Menschen selbst. Daher kann diese Komplexität niemals in ein paar Beiträgen abgebildet werden. Anspruch dieser beiden Beiträge war es, Anreize zu geben und neue Perspektiven aufzuzeigen, damit Diversität in jeglichem Sinne mehr und mehr Einzug in unserer Gesellschaft und Unternehmenskultur hält.
Habe ich etwas vergessen oder hast du weiterführende Anregungen und Gedanken? Teile diese gerne mit uns und lass es mich wissen!
Denkst du selbst darüber nach, dein Team diverser und vielfältiger aufzustellen und benötigst dafür einen Austausch und Sparringspartner?
Wir besprechen und gerne mit dir. Kontaktiere mich dafür über LinkedIn oder buche ein direktes Gespräch über unseren Bookings-Link. Wir freuen uns auf dich!
Kontakt zum Autor:
https://www.linkedin.com/in/sven-daniel-fraede/
sven.fraede@jobambition.de
Wir schreiben unsere Beiträge im Blog nur in einem Geschlecht. Alle Beiträge sollen ausnahmslos alle Menschen ansprechen, egal welchen Geschlechts (m/w/d), welcher Religion, welcher Hautfarbe, welcher sexueller Orientierung oder welcher Herkunft. Wir stehen für Offenheit, Gleichberechtigung und für ein respektvolles Miteinander.
Bildquelle Titelbild: Shutterstock
Bildquelle Beitragsbild Menschen: Pexels
Bildquelle Beitragsbild Gewürze: Pexels
Neben unserem Bloginternen Hashtag #ConsciousHR stehen wir bei Job Ambition vor allem für eines: Ganzheitliche und individuelle HR-Services mit den höchsten Ansprüchen an Leistung, Innovation und Menschlichkeit.
Du hast Interesse an unseren Expertisen und/oder einem Austausch?
Informiere dich auf unserer Website über unsere Leistungen oder nutze unser Booking Tool, um einen Beratungstermin zu vereinbaren. Wir freuen uns auf dich!
Kommentar schreiben