AUF ZU DEN FACHKRÄFTEN – WELCHE LÄNDER EIGNEN SICH ALS STANDORT?
Der zweite Teil der Beitragsserie „LET‘S GO INTERNATIONAL“ – einer Beitragsserie zum Thema Standorterweiterung im Ausland: Welche Vorüberlegungen müssen getroffen werden bei der Wahl eines weiteren Standorts im Ausland?
Wie bereits im ersten Beitrag angesprochen, gibt es verschiedene Gründe für das Erschließen eines Standortes im Ausland: Marketing, Kostenersparnis, Fachkräftemangel.
ENTKOMME DEM FACHKRÄFTEMANGEL
Als Personaldienstleister und HR-Experte ist letzterer Beweggrund von besonderem Interesse für uns. In Deutschland befinden wir uns in einem Arbeitnehmermarkt: Es gibt mehr Jobs als Fachpersonal. Gerade in technischen Berufsgruppen wie IT-Fachpositionen kann das zu einer echten Herausforderung im Recruiting werden.
Ein internationaler Ansatz kann dabei aushelfen. Entweder durch das Rekrutieren von Fachkräften aus dem Ausland oder gar durch das Auslagern bestimmter Geschäftsbereiche ins Ausland. Anstatt die Fachkräfte zu sich zu holen, selbst zu den Fachkräften gehen.
Dabei stellt sich allerdings die Frage: Welche Länder kommen in Frage? Und was gibt es bei der Wahl eines weiteren Standortes zu beachten? Unser Experten Michele hat sechs Betrachtungspunkte definiert, um mögliche Länder als weiteren Standort zu bewerten:
DIE 6 WICHTIGSTEN VORÜBERLEGUNGEN BEI DER WAHL EINES WEITEREN STANDORTES
#1 ZIELGRUPPE
Ausgehend von einer personalperspektivischen Standortserweiterung steht an erster Stelle die Frage nach der Zielgruppe. Welcher Kompetenzbereich ist der Engpass in der Fachkräfte-Beschaffung? Aufgrund welcher Zielgruppe wird über eine Auslagerung an einen anderen Standort nachgedacht?
Ausgehend von unserem Kunden-Beispiel mit einem Bedarf an IT-Fachkräften: IT ist vielleicht DER Engpass in Deutschland und Europa. Digitalisierung sei Dank. Trend? Steigend.
International oder global?
Wenn also über die Eröffnung eines weiteren Standorts nachgedacht wird, sollte Klarheit darüber bestehen, welche Länder und Standorte über ein hohes Aufkommen dieser Zielgruppe verfügen. Dafür sollte bereits im Voraus die Entscheidung gefällt worden sein, ob die Suche nach geeigneten Sekundär-Standorten auf globaler oder regionaler Ebene erfolgen soll: Kommen nur europäische Länder in Betracht oder sind keine regionalen Grenzen angedacht?
Beides hat sicherlich seine Vorteile. Eine internationale Herangehensweise bietet ein größeres Spektrum. Wohin gegen Europa leichter zu erschließen, kulturell näher ist und über Handelsabkommen verfügt, die die Erschließung weiterer Standorte leichter machen.
Vorüberlegungen zur Zielgruppe bedeutet vor allem eines: Jede. Menge. Recherche. Wo gibt es viele IT-Fachkräfte? Was sind mögliche Tech Hubs? England kann an dieser Stelle genauso genannt werden wie die skandinavischen Länder Norwegen, Schweden und Finnland.
Lokale Analysen und landesspezifische Hubs
Neben der nationalen Betrachtung müssen auch lokale Analysen herangezogen werden. Auch wenn England numerisch über einen hohen Anteil von IT-Fachkräften verfügt, bedeutet das nicht, dass diese landesweit gleichmäßig verteilt sind. Die Rede ist hier von lokalen Hubs.
So lässt sich ein Tech Hub in England wohl eher in London finden als beispielsweise in Norfolk. Drückt der Schuh eines Unternehmens allerdings nicht beim Engpass von Fachkräften in der IT, sondern von Agrarwissenschaftlern, könnte sich Norfolk beispielsweise als Hidden Champion herausstellen. Es geht also immer um die jeweiligen Beweggründe und um den Bedarf hinter einer Expansion, die die Wahl eines Standortes bestimmen.
Wirtschafts-Konglomerate
Halte auch Ausschau nach der Anhäufung und Zentralisierung von Unternehmen an bestimmten Standorten. Diese können ein gutes Indiz für die Attraktivität eines Standortes sein. Scheue dabei nicht zu sehr den Konkurrenzdruck. Klar, wo viele weitere Arbeitgeber angesiedelt sind, herrscht auch ein größerer Konkurrenzkampf um Fachkräfte. Allerdings bilden solche Wissens-Konglomerate auch eine lokale Knowledge Base: Wo viele Fachkräfte aus einem bestimmten Bereich aufeinander treffen, findet ein hoher Grad an Austausch und positiven Wechselbeziehungen statt. Stichwort USA, Silicon Valley. Auch wenn die Bedeutung des kalifornischen Tech Hubs an Bedeutung nachzulassen scheint: Es gibt einen guten Grund, warum viele Unternehmen sich dort zusammengefunden haben und für die Vielfalt an Erfindungen, die aus diesem Tal entspringen. Wissen wird verbreitet und weiter gereicht.
Doch das reine Vorkommen der Zielgruppe von Interesse macht ein Land bzw. einen Standort noch nicht automatisch interessant. Du hast einen Hub gefunden, in dem es ein hohes Aufkommen deiner Zielgruppe gibt? Klasse, auf zu den nächsten vier Schritten.
#2 KOSTEN UND GEHALT
Bleiben wir beim Beispiel Englands und dem Tech Hub London. London verfügt über eine hohe Anzahl qualifizierter Tech-Fachkräfte – insbesondere Im Fintech-Bereich! Vermeintlicher Jackpot? Well, your call. Wie groß ist denn das Portemonnaie? Zwar verfügt London über viele Fachkräfte, allerdings ist auch dort der Arbeitsmarkt kein leichter. Fachkräfte sind dort sehr gefragt und vor allem eines – teuer! Gleiches gilt für die skandinavische Länder Finnland, Norwegen und Schweden. Lebensqualität, Lebensstandard und hohe Personalkosten gehen nun mal Hand in Hand. Wie so oft, ist es eine Frage des Budgets, ob diese Standorte dennoch im Rennen sind oder kosten-bedingt aus der Wahl für einen weiteren Standort herausfallen.
#3 BILDUNG UND ERZIEHUNG
Zwei Statements zur Bedeutung des Bildungsgrades eines Standorts: „Bildung ist unsere Zukunft“ und „Quantität ist nicht gleich Qualität.“
Bildungssystem und Universitäten
Möchtest du einen weiteren Standort aufbauen spielt die Qualität der Bildung am jeweiligen Standort eine wichtige Rolle. Wie gut sind die Universitäten, wie weit ausgebaut und zukunftsfähig ist das jeweilige Bildungssystem? Gibt es Nähe zu renommierten Universitäten und Fakultäten, die auch zukünftig an Bedeutung gewinnen werden?
Zukünftige Entwicklungen und Aussichten
Die Bedeutung des Bildungsstandards und des „Educanional Systems“ sollte dabei gleichermaßen aus langfristig-strategischer Perspektive betrachtet werden. Bei der Recherche von Michele hat es schließlich Portugal in die nähere Auswahl geschafft. Warum? Mehr dazu in einem späteren Beitrag.
Betrachten wir Portugal an dieser Stelle erst einmal aus einem rein bildungs-perspektivischem Blickwinkel: Portugal ist ein Land, welches an wirtschaftlicher Bedeutung gewinnt – mitunter im IT-Sektor. Es hat den Aufschwung aus der 2008er PIGS-Krise geschafft und ist auf einem aufstrebenden Ast. Universitäten werden ausgebaut, das Bildungsniveau ist sehr gut und es werden hohe Investitionen getätigt.
Junior Fachkräfte vs. Senior Fachkräfte
Fachkräfte sind zudem aus deutscher Arbeitsmarkt-Perspektive erschwinglich. Ein Grund dafür ist mitunter die erst seit kurzem aufstrebende Wirtschaft. Die Zahl an Studierenden und Absolventen steigt, was gute Zukunftsaussichten verheißt. Sucht ein Unternehmen allerdings akut Fachkräfte zur Besetzung von Senior Stellen, könnte dies die Suche erschweren und der Standort nicht die richtige Wahl sein.
Bei der Bewertung des Bildungsstandards eines Standorts ist also nicht nur die aktuelle Lage von Bedeutung, sondern ebenso die zukünftige Entwicklung.
#4 POLITISCHE SZENE
Was uns direkt zum nächsten Punkt führt: Die politische Szene in einem Land. Denn die Politik spielt eine entscheidende Rolle für die Zukunftsaussichten und Chancen eines Landes.
Politische Stabilität
Ziehen wir erneut das Beispiel der PIGS-Krise aus dem Jahr 2008 hinzu. PIGS-Krise, das steht für die Initialbuchstaben der Länder Portugal, Italien, Griechenland und Spanien. Manche Länder haben es erfolgreicher aus der Krise geschafft, andere weniger. In Italien hat sich die Wirtschaft beispielsweise nach wie vor nicht komplett erholt. Grund dafür ist die politische Instabilität des Landes. Die vergangenen zehn Jahre sind durch ständige Neuwahlen und politische Unsicherheit gekennzeichnet. Das hat direkte Auswirkungen auf die Wirtschaft und zukünftige Entwicklung des Landes.
Aktuelle Regierungsprogramme
Neben einer gewissen politischen Stabilität eines Landes, empfiehlt sich auch ein Blick auf die aktuelle Regierung und die allgemeine, politische Grundstimmung: Sind Land und Regierung eher konservativ oder liberal eingestellt? Was sind die Partei-Schwerpunkte und Visionen? Bedeutender Faktor sind hier beispielsweise Investitionsprogramme und Incentives für Universitäten und Wirtschaft. Liegt der Fokus aktuell auf dem Ausbau von Bildungssystem und Universitäten, kann das ein gutes Zeichen für einen zukünftigen Aufschwung und ein hohes Aufkommen an Fachpersonal sein.
#5 INFRASTRUKTUR UND GEOGRAPHISCHE GEGEBENHEITEN
Infrastruktur und geographische Lage spielen ebenfalls eine Rolle bei der Wahl eines weiteren Standorts – es kommt hier auf den Wirtschaftszweigs und Sektor eines Unternehmens an. Beispiel Portugal: Für Unternehmen in Logistik oder Produktion kann Portugal eine wichtige strategische Position durch die gute Anbindung sowohl an Westeuropa, als auch Afrika und Latein-Amerika bedeuten.
Anbindung und Unterkünfte
Wir möchten in diesem Beitrag allerdings einen Personal perspektivischen Bezug beibehalten. Welche Rolle spielen dort geographische Gegebenheiten und die Infrastruktur? Naja, sagen wir es mal so: Angenommen du hättest einen IT-Hub mitten in der Wüste ausgemacht: Ein Beduinen-Camp, dessen Bewohner ihr Leben der IT gewidmet haben. Schwachpunkt: Einziges Transportmittel dort sind Kamele. Und die Internetverbindung lässt schwer zu wünschen übrig und fällt manchmal auf Grund von Sandstürmen für ganze Tage aus. Klingt wenig vielversprechend, oder?
Zugegeben, vielleicht nicht gerade ein realistisches und praxisnahes Beispiel. Allerdings verdeutlicht es sehr gut, dass gute Anbindungen an öffentliche Verkehrsmittel, hohe lokale Wohnungsvorkommen und eine gute Anbindung an ausgebaute Straßennetze unabdingbar sind, um einen Standort attraktiv zu machen.
#6 SOZIAL-WIRTSCHAFTLICHE PROBLEME
Zu guter Letzt: Die sozial-wirtschaftliche Situation bzw. sozial-wirtschaftliche Probleme eines Landes. Dazu zählen nicht nur Extrembeispiele wie Bürgerkriege oder Landflucht. Die Qualität des Gesundheitssystems, der allgemeine Lebensstandard oder beispielsweise gesetzlich verankerte Arbeitnehmerschutzmaßnahmen können zur Beurteilung der Eignung eines Standortes hinzugezogen werden.
FAZIT
Unser Experte Michele hat viel Zeit in die Recherche für unseren Kunden investiert. Doch diese braucht es eben auch, wenn die Eröffnung eines neuen Wirtschaftsstandorts ansteht, um die Nähe zu qualifizierten und benötigten Fachkräften sicherzustellen.
In einem späteren Beitrag geht es dann so richtig ans Eingemachte. Denn ich zeige dir, wie unser Experte Michele vorgeht, um die nötigen Informationen zusammen zu suchen. Und eines sei schon mal vor weggesagt: Dich erwarten einige echt GOLGEN NUGGTES und Geheimtipps, wie du an die besten Infos kommst, um eine gute Entscheidung treffen zu können.
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